Der deutsche Weinbau ist im Umbruch – zum Glück. Die ganzen 1970er und 80er Jahre hindurch ruhte er selbstzufrieden auf den Lorbeeren seiner Technik und Organisation, die in der Welt ihresgleichen suchte, aber leider verlor er dabei irgendwie den Sinn für guten Geschmack – des Weins selber nämlich. Das gutgemeinte Weingesetz von 1971 wies jedem Posten Weine eine Kennnummer zu und erlaubte es allen bis auf ganz wenige, sich Qualitätswein zu nennen. Alle diese Regelungen gingen zu Lasten der grössten Kostbarkeit im deutschen Weinbau, der nur schwer zur Reife zu bringenden Riesling-Traube. Nur allzu oft ging sie in einem Meer billiger, leichter, lieblicher Weisswein unter, die den internationalen Markt als Massenware mit schönen Namen wie Liebfrauenmilch etc. überschwenmmten. Dann kamen einige qualitätsbewusste Winzer und brachten Beispiele hervor, die zeigten welche Wunder die deutschen Weinberge vollbringen können. Die klassischen Weine verfügen über viel aus dem Boden stammendes Extrakt bei relativ geringem Alkoholgehalt. Riesling von den steilen Schiefhängen der Mosel ist der Inbegriff des traditionellen deutschen Weins: aromatisch, zart, rassig, langlebig und ganz anders als alle Weine sonst wo in der Welt, und das ist mehr, als von den meisten Weinen gesagt werden kann, die jenseits der Grenze entstehen. Inzwischen geht der Trend zu weit trockeneren Weinen, als es bisher üblich war, und so ist die durchschnittliche Alkoholstärke gestiegen.